7.1

I’m a Cyborg, but that’s O.K.

      • Kinostart: 31. Januar 2006

Young-gun ist ein Cyborg. Das ist zumindest ihre Meinung. Nach einem Unfall bei einem Energieladevorgang, der auf ihr Umwelt wie ein Selbstmordversuch wirkt, wird sie in ein Heim für psychisch kranke Menschen gebracht. Dort trifft sie auf den Masken tragenden Il-soon, einen äußerst begabter Dieb, der nicht nur in der Lage ist, Wochentage zu stehlen, sondern auch Fähigkeiten und Charakterzüge anderer Leute. Nachdem Young-gun ihn bittet, ihre Sympathie zu stehlen, entwickelt er Interesse an der jungen Frau. Schon bald ist Il-soon gezwungen, all seine Talente einzusetzen, um Young-gun vor dem Hungertod zu bewahren, denn diese weigert sich, andere Nahrung als Batterien zu sich zu nehmen…


Kommentar:

Als Park Chan-wook während des Drehs zu „Lady Vengeance“ bekannt gab, er wolle als Nächstes einen Vampirfilm mit dem Titel „Fledermaus“ bzw. „Evil Live“ (nun bekannst als „Thirst“) drehen, überraschte das niemanden. Seine Ankündigung nach „Lady Vengeance“, er würde zuvor doch noch eine romantische Komödie drehen, tat es hingegen um so mehr.
Ursprünglich als Low-Budget Film geplant, entwickelte sich „I’m a Cyborg, but that’s O.K” bald zu einer kommerziellen Produktion, oder vielleicht eher zu dem, was Park Chan-wook unter einem kommerziellen Film versteht?

Eines ist auf jeden Fall klar, „I’m a Cyborg, but that’s O.K“ ist keine vollkommene Abkehr von Park Chan-wooks vorherigem Schaffen und das nicht nur, weil „Rache“ wieder als kleines Unterthema auftaucht. Der Film – zum ersten Mal wurde hier in einem Park Chan-wook Werk digitale Kamera verwendet – weist wiederum einen Hang zu cinematographischem Perfektionismus auf.
Wieder wurde viel Wert auf Ausstattung, Kostüme und Settings, sowie deren Abstimmung aufeinander geachtet. Natürlich mit dem Unterschied, daß dieses mal alles bunt und pastellfarben ist, manchmal fast knallig.
Und erhalten blieb uns auch der ungewöhnliche Einsatz von Musik. Eine Mischung zwischen Ragtime, ¾ Takt Alpenmusik komplett mit Jodeln und eine umgedichtete Version von „Stille Nacht, heilige Nacht“ ist nicht gerade das, was man von einer romantischen Komödie erwartet (Genauso, wie man ja auch nicht in „Oldboy“ erwartet hatte, Folterszenen mit Vivaldis Vier Jahreszeiten untermalt zu sehen…). Übrigens hat mir die Jodelszene, gesungen von Hauptdarsteller Jung Ji-hoon, vor Filmbeginn Angst und Schrecken bereitet, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie man so etwas in einen Film einbauen kann, ohne daß es peinlich wirkt. Sie fügt sich abrt, wie auch der Rest der Musik, sehr gut in den Film ein.

Von der Thematik her könnte man „I’m a Cyborg, but that’s O.K.“ als anthropologischen Film bezeichnen. In der Nicht-realen Nervenheilanstatt setzen sich die PatientInnen, die auf nichtreale Weise an manchmal doch irgendwie sehr realen Krankheiten leiden mit Urmenschlichem, wie Verlustängsten, Suche nach Stabilität und Kontrolle und Verlust derselbigen, sowie damit verbunden, der Suche nach dem Sinn der Existenz, der Suche nach Identität, mit Tot und Geburt auseinander…Die Themen werden angeschnitten, Lösungen zum Glück aber nicht präsentiert, geht es hier doch um Fragen und Ängsten, bei denen man Lösungen und Antworten auch nicht von Anderen aufgedrängt bekommen kann.

Übrigens machen es die Nichrealen Teile des Film einem anfangs nicht gerade leicht, sich in den Film einzufinden. Zwar erfreut man sich an den Bildern und den Ideen, aber bis man etwas tiefer in den Film vorgedrungen ist, ist man doch versucht zu fragen: was soll das alles eigentlich? Die Erzählweise, die vieles erst in Rückblenden erklärt und am Anfang gar mehrere Geschehenisse übereinandergelagert darstellt, erleichtert einem das natürlich auch nicht und fordert zudem noch Geduld und Aufmerksamkeit vom Zuschauer.
Später, wenn man mit den Figuren etwas mehr vertraut ist, fällt es einem aber zusehends leichter dem Film zu folgen.

Zum Schluß möchte ich mich noch zu den Darstellern äußern. Die Hauptcharaktere wurden von Lim Soo-jung und Jung Ji-hoon gespielt. Lim Soo-jung war in dieser Rolle schlicht und ergreifend großartig! Sie wirkt so unheimlich verletzlich, daß man beim Zusehen wirklich Angst um sie bekommt! Von Jung Ji-hoon war ich angenehm überrascht. Man ist ja immer sekptisch, wenn berühmte Popstars auf der Leinwand auftauchen. Aber hier muß ich sagen, daß er mir als Schauspieler wesentlich besser gefällt als als Sänger. 😉
Die Leistungen der NebendarstellerInnen fand ich leider etwas durchwachsen. Viele Rollen waren sehr gut besetzt, aber einige, wie die Ärztin und Young-guns Mutter konnten nicht immer überzeugen.
Man sollte ihnen aber zu Gute halten, daß diese halb wirklich-halb-unwirklichen Rollen auch nicht einfach zu spielen waren.


Fazit:

Viele Leute waren von diesem Film nicht sehr überzeugt, in Korea selbst wurde er sogar nach nur zwei/drei Wochen völlig aus dem Kino genommen, aber mir selbst hat er ganz gut gefallen, habe ihn auch in der Zwischenzeit mehrmals angeguckt und ich kann daher obige Reaktion schwer nachvollziehen. Vielen war es wohl nicht möglich, sich mit den Hauptcharakteren zu indentifizieren. Eventuell könnte das daran liegen, weil diese sich etwas den filmischen „Archetypen“ entziehen?
Auf jeden Fall würde ich empfehlen, den Film vor Kauf erst einmal anzuschauen!

Übrigens hat Cyborg von allen Park Chan-wook Filmen den höchsten Bodycount. 😉


Anmerkung: In diesem Artikel wurden die koreanischen Namen in der Reihenfolge «Familienname Vorname» geschrieben.

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